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6. November
2008
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Ihr
könnt euch sicherlich denken, dass die Sonne Griechenlands
nicht
nur Blumen und das
Meer leuchten lässt, sondern auch Aluminium-Dosen und die
schwarzen Flügel von kleinen Käfern.
Natürlich!
Negativ
eingestellte Menschen würden so einiges bemängeln.
Egal in
welchem Land sie sich aufhalten, sie
finden garantiert etwas, über das sie sich aufregen
können.
Doch wenn man in einem fremden Land ist, darf
man meiner bescheidenen Meinung nach, keine gewohnten
Maßstäbe ansetzen.
Den Blick auf die schöne Seite des Lebens zu lenken tut der
Seele
gut und sorgt für einen erholsamen Urlaub ohne Stress.
Was macht es schon, wenn fast jeden Abend etliche
Käferlein an der Zimmer-Decke Party feiern. Sie sind
ungefährlich, halten sich nur an der Decke, in Schubladen oder
im Brotkorb auf, sind meist nur Nachts zu sehen. Die erste Zeit habe
ich mit einem Besen die Käfer von der Zimmerdecke gefegt und
dann
zertrampelt. Das ist ein Graus für mich, da ich keiner Fliege
etwas zuleide tun kann. Andererseits habe ich ein Recht darauf mein
Revier zu verteidigen, warum bleiben sie nicht draußen. Mir
blieb
nichts anderes übrig als ein Insektenspray zu kaufen. Damit
sprühe ich jetzt regelmäßig die Innenseiten
von
Tür- und Fensterrahmen ein. Morgens kehre ich dann die Leichen
weg.
Was macht es schon, wenn der Strand in den Wintermonaten nicht
gesäubert wird. Plastikflaschen und Alu-Dosen? Es gibt Holz am
Strand, dass das Wasser angeschwemmt hat, damit
kann man sich ein Fleckchen sauber machen und seinen Blick auf
das Meer richten.
Die Platarier sind sehr fleißig und nutzen die Wintermonate
um
ihre Ferienwohnungen, die Tavernen, die Terrassen auszubessern, zu
verschönern. Den Strand zu säubern kostet
schließlich
auch einiges.
Was macht es schon, wenn in einigen Tavernen sich die Toiletten auf dem
Hinterhof befinden, der Sitz fehlt oder die Lampe kaputt ist. Man
lässt halt ein wenig die Tür offen. Es gibt auch sehr
schöne Tavernen mit luxuriös gestalteten Toiletten.
Nicht
jeder hier hat
so viel Geld, um alles instand zu halten. Vielleicht sind die Griechen
deshalb so gelassen und strahlen Lebensfreude aus, weil sie sich Zeit
lassen, sich nicht verschulden, nur damit alles perfekt aussieht. Die
Gäste kommen trotzdem und der Kaffee schmeckt gut.
Was macht es schon, wenn ich keinen Internet-Anschluss habe. Dadurch
habe ich mehr Zeit nach Muscheln und schönen Steinen zu
suchen.
Die E-Mails und meine Websites kann ich offline bearbeiten und dann,
wenn es passt
übertragen. Es ist schon toll, dass es hier in diesem kleinen
Ort
überhaupt
möglich ist.
Was macht es schon, wenn der Geldautomat hier nur griechisch spricht
und meine Karte nicht erkennt. Gleich im nächsten Ort gibt es
komfortablere Automaten, die auch deutsch sprechen.
Was macht es schon, wenn die Erde hier ab und zu bebt. Augusta
erzählte mir, dass das ab und zu vorkommt, ihr Haus aber so
gebaut ist, dass es ein Erdbeben bis Stärke 8 der Richterskala
aushält. Neulich wurde ich Nachts wach und spürte,
wie mein
Bett vibrierte. Nach einer Schrecksekunde registrierte ich, das ist
wohl
ein klitzekleines Beben, drehte mich um und schlief weiter. Das
Vibrieren war so gar irgendwie angenehm, Andere kaufen sich einen
Massagestuhl, hier bekommt man es kostenlos.
Griechenland ist das richtige Land für mich. Hier kann ich
lernen
mit meinen übertriebenen Ängsten umzugehen. Schlangen
- so
gefährlich sind
die gar nicht, meist verschwinden sie, bevor man sie überhaupt
sieht, da sie die Schritte spüren. Die sehr
giftige Hornviper gibt es nur selten und ich habe gehört, dass
die
Schlangen, je größer sie sind, umso
ungefährlicher
seien.
Was macht es schon, wenn in dieser Wohnung keine Waschmaschine
vorhanden ist. Entweder Handwäsche oder für 6 Euro
das Kilo
von einer netten Deutschen waschen lassen. Für mich bedeutet
es,
selber waschen, dann kann ich auch mal Fisch essen gehen. Es gibt hier
eine Wäscheleine und wenn ich Glück habe, trocknet
die
Wäsche irgendwann trotz der sehr feuchten Luft.
Die feuchte Meeresluft ist andererseits gut für die Haut.
Meine
Haut ist inzwischen viel reiner geworden und Augusta meinte neulich,
dass
sich auch meine Fältchen zurück gebildet
hätten. Ja, ich
sehe wirklich verdammt gut aus. Obwohl ich mich nicht sonne, habe ich
eine schöne bronzene Hautfarbe bekommen. Nur zugenommen habe
ich,
da mir Augusta oft was zu essen bringt. Dabei koch ich doch
schon
selber, aber ich kann bei Augustas Gemüsepfannkuchen - ist ja
auch
noch alles aus ihrem Garten - einfach nicht widerstehen. Gestern
brachte sie mir, nachdem ich Kartoffeln mit selbst gemachtem Tsaziki
gegessen hatte, ein Bauernfrühstück mit
Wurstscheiben,
Gemüse und gewürzt mit Pfefferminze. Das roch so
lecker, ich
hab es auch noch gegessen. Puh!
Also, es ist wunderschön hier, das was nicht so in Ordnung
ist,
regt mich nicht auf, darüber kann ich hinwegsehen. - Und meine
übertriebenen Ängste, da muss ich durch.

Heute war die Sicht sehr klar und so konnte ich von der
Marina aus die Insel Korfu sehen.
Es ist jetzt 20.00 Uhr. Gerade hat sich mein Nachbar, Adorno, endlich
mal
auf meine Terrasse getraut, also Schluss für heute!
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7. November
2008
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...
da
bin ich wieder! Der gestrige Abend wurde noch richtig nett. Adorno
saß bei mir auf der Terrasse, wir haben Rotwein getrunken und
viel geplaudert. Irgendwann holte er seine E-Gitarre rüber und
versuchte (er hat keinen Verstärker, nur Kopfhörer
dabei)
einige meiner Lieder, die ich mitgenommen habe, nach zu spielen. Sie
waren wohl etwas schwierig, er will aber üben. Nun lagen da
meine
Notenblätter so auf dem Tisch und, temperamentvoll, wie ich
bin,
stieß ich versehentlich mein Weinglas um. Das war mir sehr
peinlich. Die Notenblätter musste ich auf die Ballustrade der
Terrasse zum Trocknen hinlegen.
Adorno kocht gern und erzählte davon, schließlich
hatte er
sich hungrig geredet und schlug vor, in die nächste Taverne zu
fahren, um eine Pita mit Gyros zu kaufen. Ja, klar, dachte ich, warum
nicht, ich hatte durch das Erzählen auch Appetit bekommen. Ich
sah
mich kurz im Spiegel an, hatte eine Jogginghose an und meine Haare
sahen etwas schlampig aus. Schließlich wollte ich ja nur an
diesem Abend noch ein wenig schreiben, sonst nichts. Na, was soll's,
wir holen ja nur eine Pita mit Gyros. - Die Taverne sah sehr gepflegt
aus und ich fühlte mich etwas unwohl. Wir bekamen unsere Pita
und
Adorno kaufte noch zwei Bier. Anschließend fuhr er mit mir
zum
Strand und wir setzten uns auf einen Tisch, stellten die
Füße auf die Bank aßen Gyros, tranken
Bier.
Es war eine sehr schöne Atmosphäre. Im Meer
spiegelten sich
die Lichter von Plataria und der Himmel war sternenklar. Wir plauderten
über den Dalai Lama, über Ying und Yang und
darüber, wie
man am besten sorglos leben kann. Irgendwann hockte er im Schneidersitz
auf dem Tisch. Wir verstanden uns prima, lachten viel.
Danke, Adorno, für diesen netten Abend! |
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